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Dr. Kubitschek zum
Thema Pelztiere
Hier der
Stein des Anstoßes:
Die
Welt, 7.12.02:
Weich ums Herz
Der Mensch
mag es weich und warm. Und echt. Schals aus Polyester, Pelze
aus Synthetik sind nur zweite Wahl. Schöner ist das Original.
Egal, was die Anderen sagen
von Inga
Griese
Wasch mir
den Pelz, aber mach ihn nicht nass! Sonst sieht er noch aus
wie der schwarze Hermelin, der geölt wie Elvis und überraschend
klein, etwa Hamsterformat, auf dem großen Holztisch liegt und
auf die Weiterverarbeitung wartet. Natürlich nicht der ganze
Hermelin, lebendig sowieso nicht. Dann wäre er ja auch weiß,
gilbweiß allerdings, das mögen höchstens Potentaten und deswegen
wird das Fell für den späteren Mantel schwarz gefärbt. Ich stehe
in der Werkstatt von
Peter Steinbrück in Hamburg, bin
fasziniert und weiß nicht recht. Ich mag
Pelze, sie sind so sinnlich und ich halte knisterndes Synthetik
für keine Alternative. Aber ich bin auch geprägt von
den Protesten. Ist es also politisch korrekt zu schwärmen? Muss
ich mich rechtfertigen? Geht es überhaupt um Recht oder Unrecht?
Wohl kaum.
Pelze taugen nicht zur Ideologie.
Solange
Veganer Lederschuhe tragen,
sind Schmähungen gegen Pelzträger
müßig. Also Schluss mit den Diffamierungen, hinein ins Fell,
den Urinstinkten freien Lauf lassen. Die Pelz-Panik scheint
vorbei, auf allen großen Designer-Schauen wurden sie gezeigt.
Pelz ist wieder gesellschaftsfähig.
Der Hamburger
Peter Steinbrück, gelernter Kirschnermeister und ehemaliger
Diorschüler, ist 1975 in das von seiner Mutter Thekla gegründete
Geschäft eingetreten, führt es seit 1991 allein, betreut einen
exklusiven Kundenkreis über Deutschland hinaus und hatte immer
gut zu tun. Auch, weil er immer wusste, was er wo einkaufte.
Zur Zeit kann er gar nicht so schnell liefern wie gefragt wird.
Der 49-Jährige ist ein bedächtiger, seriöser Mensch, der viel
Wert auf Qualität legt. Sein Geschäft ist ein Ort der Ruhe,
lange Strecken schwarzer Teppich, die persianerbezogenen Sessel
so witzig wie das Taftsofa. Die Decken und Jacken und Mäntel
und Mützen derart weich, dass man immer wieder drüber streichen
muss.
Habe ich gerade geschnurrt?
Steinbrück
sieht sich als Handwerker, weil es reeller klingt, auch wenn
seine Modelle von kreativem Design sind. Wenn er so ins Fell
greift, es streicht und knetet und die Unterschiede zwischen
guten und schlechten Züchtern erklärt, den Unterschied von Futter-
und Zuchtmethoden an der Borstigkeit alter Mäntel erläutert,
von den italienischen Gerbereien schwärmt und den Veredlern
dort, die ein Stück Haut und Haar erst zum ein Traumfell bearbeiten,
wenn er von den großen Auktionen in Kopenhagen, New York und
Seattle, von den Trappern in Kanada berichtet, dann erübrigt
sich die Frage, ob es nötig ist.
Eskimos
haben sich wahrscheinlich noch nie gefragt, ob sie politisch
korrekt angezogen sind.
Und die anderen
sind die Intoleranz offenbar leid.
„95
Prozent der Kunden wollen wieder Pelz außen tragen",
hat Steinbrück festgestellt. Nicht länger verschämt als Innenfutter.
Wir lassen uns nicht einschüchtern, lautet die Devise. Oder,
aktuell: Wir gönnen uns etwas. Wer weiß, wie lange das noch
geht.
In Zeiten,
wo wahre Werte Konjunktur haben, brummt das Geschäft mit den
Pelzen. Zumal die neuen Techniken viel Spielraum für Kreativität
lassen. Gefärbte, geschorene Persianer lassen sich wie Stoff
körperbetont verarbeiten, da ist nix mehr mit Oma-Look. Nerz,
Zobel kommen leicht wie Wolle und ungefüttert daher und wärmen
trotzdem wie die behäbigen Teile der Vergangenheit.
Ein Renner
ist Opossum, gerupft, also ohne das spitze Deckhaar, und gefärbt.
Ungefähr so weich wie Nerz und durch und durch korrekt: sind
die possierlichen Nager doch eine Plage in Neuseeland. Auf sieben
Millionen Einwohner kommen 30 Millionen Opossums. Die Regierung
zahlt eine Prämie für jedes erlegte Tier.
Pelzträger sind eben doch gute Menschen.
Artikel erschienen
am 7. Dez 2002
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